Growth Mindset und Unternehmenskultur
Die richtigen Produkte, Ideen und Dienstleistungen sind längst nicht mehr ausreichend, um nachhaltig erfolgreich zu sein oder die besten Talente zu gewinnen. In einer zunehmend dynamischen, komplexen und vernetzten Welt, in der Produkte, Dienstleistungen und sogar ganze Geschäftsmodelle oft sehr schnell kopiert werden können, liegt der entscheidende Wettbewerbsvorteil zunehmend in den immateriellen Werten eines Unternehmens.
Besonders entscheidend dabei ist eine wachstumsorientierte Haltung und Unternehmenskultur – bekannt als Growth Mindset.
Diese Haltung zeichnet sich durch kontinuierliche Neugier, unermüdliche Lernbereitschaft und ausgeprägte Anpassungsfähigkeit aus. Sie ermöglicht es Unternehmen, agil auf Veränderungen zu reagieren und proaktiv Chancen in einem sich ständig wandelnden Umfeld zu nutzen.
Was ist Unternehmenskultur und warum ist sie wichtig?
Unternehmenskultur lässt sich am besten als die Art und Weise beschreiben, „wie wir die Dinge hier tun“.
Doch sie geht weit darüber hinaus. Sie umfasst die ungeschriebenen Regeln, Werte und tief verwurzelten Überzeugungen, die nicht nur das tägliche Handeln, sondern auch die Haltung zu Lernen, Wachstum und Veränderungen innerhalb eines Unternehmens bestimmen.
Eine Kultur mit Growth Mindset zeichnet sich dadurch aus, dass Fehler nicht als negatives Versagen, sondern als essenzielle Chancen zum Lernen und zur kontinuierlichen Verbesserung betrachtet werden. Dies fördert Innovation, ermutigt Mitarbeitende dazu, neue Wege zu gehen, und baut eine widerstandsfähige Organisation auf, die aus Herausforderungen gestärkt hervorgeht.
Jedes Unternehmen besitzt eine Kultur – sei es bewusst oder unbewusst.
Diese Kultur beeinflusst maßgeblich, wie Entscheidungen getroffen werden, wie Mitarbeitende zusammenarbeiten und kommunizieren, und wie das Unternehmen insgesamt auf interne und externe Veränderungen reagiert.
Während traditionelle, starre Kulturen oft Innovation und Flexibilität hemmen, ermöglicht eine wachstumsorientierte Kultur es Unternehmen, schneller und erfolgreicher zu agieren.
Was macht Unternehmenskultur so besonders wertvoll?
Anders als Geschäftsmodelle, Strategien oder Produkte, die von Wettbewerbern relativ leicht kopiert werden können, ist die Kultur eines Unternehmens einzigartig und äußerst schwer zu imitieren.
Unternehmen, die ein ausgeprägtes Growth Mindset pflegen, zeichnen sich durch ihre besondere Fähigkeit aus, Veränderungen nicht nur anzunehmen, sondern sie aktiv, kreativ und konstruktiv zu gestalten. Diese Haltung fördert eine Innovationskultur, erhöht die Anpassungsfähigkeit und Agilität des Unternehmens und stellt somit einen nachhaltigen strategischen Vorteil dar, besonders in einer Zeit des stetigen Wandels.
Ein Beispiel hierfür ist IKEA, dessen Unternehmenskultur trotz globaler Dezentralisierung und flacher Hierarchien ein starkes gemeinsames Verständnis von Werten und Wachstumsmöglichkeiten schafft.
Studien belegen, dass Unternehmen mit einer starken, wachstumsorientierten Kultur langfristig besser abschneiden als solche, die ihre Kultur vernachlässigen.
Untersuchungen von John Kotter und James Heskitt zeigten, dass kulturell bewusste Unternehmen oft doppelt so hohe Wachstumsraten und Rentabilität aufweisen wie ihre Wettbewerber. Dennoch vernachlässigen viele Führungskräfte die strategische Bedeutung der Unternehmenskultur, oft weil sie schwer greifbar und schwierig zu verändern erscheint.
Die Unternehmenskultur gezielt verändern und entwickeln
Unternehmen, die ihre Kultur als strategischen Vorteil nutzen wollen, sollten auf fünf wesentliche Aspekte achten, um nachhaltig eine wachstumsorientierte Kultur aufzubauen und zu stärken:
1. Verstehen und Messen der eigenen Kultur
Viele Führungskräfte sprechen begeistert über ihre Unternehmenskultur, haben aber oft nur eine oberflächliche Vorstellung davon. Um wirklich zu verstehen, welche Werte und Verhaltensweisen im Unternehmen gelebt werden, ist es essenziell, systematisch Daten aus verschiedenen Quellen zu sammeln. Dies umfasst Kundenfeedback, regelmäßige Mitarbeiterbefragungen, Fokusgruppen und Beobachtungen des Arbeitsalltags. So entsteht ein klares Bild, welche Aspekte der bestehenden Kultur gefördert oder verändert werden müssen.
2. Identifizieren der notwendigen Verhaltensweisen
Nach der Analyse der bestehenden Kultur ist es wichtig, gezielt Verhaltensweisen zu fördern, die ein Growth Mindset unterstützen. Zentral sind dabei Offenheit für neue Ideen, Mut zu experimentieren und vor allem ein konstruktiver Umgang mit Fehlern. Diese Verhaltensweisen sollten nicht abstrakt bleiben, sondern konkret definiert und kommuniziert werden, um Klarheit und Orientierung im gesamten Unternehmen zu schaffen.
3. Rekrutierung, Entwicklung und Bindung der richtigen Personen
Um sicherzustellen, dass die gewünschten Verhaltensweisen nachhaltig im Unternehmen verankert werden, müssen sie zentraler Bestandteil aller Personalprozesse werden. Ein wachstumsorientiertes Unternehmen sucht bewusst nach Mitarbeitenden, die neben fachlicher Kompetenz auch eine ausgeprägte Neugier, hohe Lernbereitschaft und Flexibilität mitbringen. Entwicklungsgespräche, Weiterbildungen und Anerkennungssysteme sollten darauf abgestimmt sein, diese Verhaltensweisen zu stärken und zu fördern.
4. Nutzung von Vorbildern im Unternehmen
In jedem Unternehmen gibt es Mitarbeitende, die gewünschte Verhaltensweisen bereits leben. Diese Vorbilder spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer wachstumsorientierten Kultur. Sie sind oft diejenigen, die offen über ihre Erfahrungen, Lernprozesse und Fehler sprechen, was andere Mitarbeitende dazu ermutigt, ebenfalls offen zu sein und kontinuierlich zu lernen. Netzwerke, Mentorings und gezielte soziale Interaktionen helfen dabei, diese Vorbilder sichtbar zu machen und ihre positiven Verhaltensweisen zu verbreiten.Ein bewährtes Beispiel aus der Praxis zeigt, dass gerade informelle Treffen und der Austausch über persönliche Erfahrungen das Verhalten der Kolleginnen und Kollegen positiv beeinflussen und messbar zu Leistungssteigerungen beitragen können.
5. Die Rolle der Führungsebene
Keine kulturelle Veränderung kann nachhaltig gelingen, ohne dass die Führungsebene diese aktiv und authentisch unterstützt. Führungskräfte tragen eine enorme Verantwortung, da sie die Kultur eines Unternehmens maßgeblich prägen. Es genügt jedoch nicht, dass Führungskräfte die gewünschten Verhaltensweisen lediglich propagieren – sie müssen diese auch konsequent vorleben. Dies bedeutet konkret, dass sie sich offen zeigen, selbst kontinuierlich dazulernen und bereit sind, eigenes Verhalten kritisch zu reflektieren. Führungskräfte mit einem Growth Mindset ermutigen aktiv dazu, Fehler konstruktiv zu thematisieren, Risiken einzugehen und neue Lösungswege zu erforschen. Ein beeindruckendes Beispiel hierfür bietet General Alfred „Al“ Gray, ehemaliger Befehlshaber des US Marine Corps, der bekannt dafür war, die Werte und Verhaltensweisen seiner Organisation persönlich vorzuleben. Durch seine Authentizität inspirierte er seine Mitarbeitenden nachhaltig und bewirkte dadurch eine tiefgreifende kulturelle Veränderung.
Fazit: Unternehmenskultur als Schlüsselfaktor für den Erfolg
Letztlich hängt der langfristige Erfolg eines Unternehmens entscheidend davon ab, wie gut es gelingt, eine positive, produktive und wachstumsorientierte Unternehmenskultur (Growth Mindset) zu entwickeln und nachhaltig zu etablieren. Eine solche Kultur ermöglicht es Unternehmen, schneller auf Veränderungen zu reagieren, kontinuierlich innovative Lösungen hervorzubringen und dabei Mitarbeitende dauerhaft zu motivieren und zu binden. Sie schafft nicht nur eine höhere Zufriedenheit unter den Mitarbeitenden, sondern stärkt langfristig auch die Kundenbindung und trägt entscheidend zu nachhaltigen, erfolgreichen Geschäftsergebnissen bei. Unternehmenskultur ist zu wichtig, um sie dem Zufall zu überlassen – sie ist das Herzstück eines jeden erfolgreichen Unternehmens.
Nun von der praxisbasierten Theorie in Eure persönliche Realität: Was sind Eure Erfahrungen? Arbeitet Eure Unternehmenskultur für oder gegen Euch? Wo seht Ihr Änderungsbedarf? Was steht Euch im Wege für eine erfolgreiche Änderung von (Teilen) der gelebten Kultur zur Förderung eines Growth Mindsets?
Euer Marc Doetze